Shiatsu und das vegetative Nervensystem – entspannende Berührung

Während das somatische Nervensystem für die willentliche Steuerung von Abläufen verantwortlich ist, steuert das vegetative oder autonome Nervensystem (VNS) die automatisch im Körper ablaufenden Vorgänge wie Herzschlag, Atmung, Stoffwechsel und Verdauung und ist willentlich nicht oder nur in geringem Maße beeinflussbar. Es setzt sich zusammen aus dem sympathischen und dem parasympathischen Teil, ergänzt durch die eigenständige Steuerung des Magen-Darm-Trakts im enterischen Nervensystem.

Berührung ist nicht nur für eine gesunde kindliche Entwicklung, sondern für alle Menschen lebensnotwendig, der körperliche Kontakt hat vielfältige Auswirkungen auf Physis und Psyche. In Kontakt mit einer anderen Person zu kommen setzt eine Berührung voraus, sei es auf emotionaler oder tatsächlicher, haptischer Ebene. Je nach Qualität der Berührung und Interpretation der Intention des „An-greifenden“ kann eine Berührung als Bedrohung angesehen werden oder entspannende Wirkung besitzen und somit verschiedene Teile des VNS aktivieren.

Sich mit jemandem (oder etwas) zu „be-fassen“ fokussiert die Wahrnehmung, lässt andere Reize in den Hintergrund treten und bietet im Fall einer als angenehm oder beschützend empfundenen Berührung eine Möglichkeit, in diesem Kontakt zur Ruhe zu kommen.

Shiatsu wirkt über diese allgemeine Wirkung von Berührung hinaus entspannend, da durch die besondere Form der Behandlung ein parasympathikotoner Zustand des vegetativen Nervensystems gefördert wird.

  • Die Arbeit mit beiden Händen fördert das Loslassen, indem der physische Kontakt während der Behandlung möglichst durchgängig aufrechterhalten wird. Die hierdurch vermittelte Sicherheit erlaubt es dem Klienten, sich dem Behandler anzuvertrauen.
  • Der Shiatsu-spezifische Druck entsteht nicht durch Kraftanwendung, sondern durch sanftes Lehnen mit dem eigenen Körpergewicht. Durch den allmählichen Druckaufbau, verstärkt durch die flächige Anwendung bei der Arbeit mit der flachen Hand, wird der entstehende Reiz vom Sympathikus nicht als Bedrohung wahrgenommen und an den Parasympathikus weiter geleitet.
  • Die Arbeit im Atemrhythmus des Klienten mit Druckaufbau in der Ausatmung und nachlassendem Druck in der Einatmung, ohne den Kontakt aufzugeben, verstärkt diesen Effekt.
  • Die ruhige und reizarme Umgebung bildet einen Gegenpart zur allgegenwärtigen Reizüberflutung. Aus diesem Grund findet eine Shiatsu-Behandlung im allgemeinen ohne musikalische Untermalung statt, die Gespräche während der Behandlung sind reduziert.

Wichtige Körperprozesse wie Verdauung oder körpereigenen Reparaturvorgänge finden in einer parasympatikotonen Phase statt. Entspannung unterstützt diesen Ausgleich des vegetativen Nervensystems und kann somit einen wichtigen Beitrag zu Regeneration und Erholung leisten.